Online-Exkursion zum BKA Wiesbaden der AG-JLC München
Die Mitglieder der AG Junge Lebensmittelchemie München, sowie Studierende und Promovierende der Lebensmittelchemie an der TUM hatten am 8. April 2021 die Möglichkeit die verschiedenen Aufgabengebiete des Kriminaltechnischen Institutes (KT) des Bundeskriminalamtes (BKA) Wiesbaden digital kennen zu lernen. Während der Veranstaltung wurden vor allem die analytisch tätigen Arbeitskreise vorgestellt, indem Vorträge der Fachbereiche DNA-Analytik (KT 31), Zentrale Analytik I und II (KT 41; KT 43) sowie der Toxikologie (KT 45) gehalten wurden.
Der Fachbereich KT 31 DNA-Analytik beschäftigt sich bei Kriminalfällen mit der DNA-Analyse, welche die Bearbeitung und Auswertung von gesichertem Spurenmaterial (wie z. B. Blut, Sperma, Speichel, Hautschuppen, etc.) beinhaltet. Dabei wird die DNA der Spur durch Isolierung, Quantifizierung mittels qPCR, Auftrennung der DNA-Fragmente, Auswertung und eine Gutachtenserstellung exakt analysiert. Die analysierten Merkmale erlauben dabei mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit die Zuordnung einer Spur zu einer Person. Die derzeitige Entwicklung und Forschung im Bereich der DNA-Analytik konzentriert sich auf die erweiterte DNA-Analyse über SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms), also Variationen einzelner Basenpaare in der DNA-Sequenz. Durch die erweiterte DNA-Analyse könnten beispielsweise Augenfarbe, Haarfarbe und Hautfarbe bestimmt werden und somit ein „genetisches Phantombild“ erzeugt werden.
Der Fachbereich KT 41 ist das Zentrallabor für Rasterelektronenmikroskopie und Röntgenanalytik. Die Röntgenanalytik wird für großflächige Strukturidentifikationen sowie die Bestimmung von Haupt- und Nebenbestandteilen von (kristallinen) Substanzen und die Rasterelektronenmikroskopie (REM) für die Abbildung bei hohen Vergrößerungen, Mikroanalytik und die Manipulation von Nanostrukturen und Oberflächen an Untersuchungsmaterialien genutzt. Diese Analysemethoden liefern somit eine schnelle und zerstörungsfreie Untersuchungsmöglichkeit von Asservaten. Interessant war auch, dass die Anwendung der REM durch Ionenfeinstrahltechnik so erweitert werden kann, dass das Aufdecken von Fallzusammenhängen durch das reverse engineering von Microchips möglich wird. Dabei werden sehr kleine Strukturen bzw. Informationen auf Probenoberflächen sichtbar gemacht und mikrotechnisch z. B. durch Trennung und Neuverbindung von Leiterbahnen manipuliert. Dadurch besteht u. a. die Möglichkeit passwortgeschützte Daten aus Mikrochips zu lesen.
Im Fachbereich KT 45 (Toxikologie) werden Betäubungs- und Arzneimittel, „Neue Psychoaktive Stoffe“, Gifte, Chemikalien mit Rauschgift-Bezug sowie Grundstoffe für die Herstellung von Rauschgiften kriminaltechnisch analysiert Weitere Aufgaben sind u. a. Materialvergleichsuntersuchungen an synthetischen Drogen (z. B. Ecstasy-Tabletten) und Heroin als Hilfsmittel für Ermittlungsreferate bei der Aufdeckung bandenmäßiger Rauschgiftdelikte. Dabei geht es auch um die Aufklärung von Synthesewegen, durch Nachweis von Edukt- sowie Katalysatorrückständen im Produkt, wodurch eine lokale Herkunft und somit Sicherstellung von illegalen Produktionsstätten erfolgen kann. Hierbei kommen vor allem mobile Analysesysteme wie Ionenmobilitäts-Spektrometer, sowie portable Infrarot- und Raman-Geräte zum Einsatz. Weiterhin unterstützt der Fachbereich KT 45 Kontrollmaßnahmen bei Großveranstaltungen durch Vor-Ort-Untersuchung von sichergestellten Drogen und ist an Sicherungsmaßnahmen, einschließlich Lebensmittelasservierungen während Staatsbesuchen beteiligt.
Zu den Aufgaben des Fachbereichs KT 43 gehört die Analyse von organischen Komponenten zwecks der Identifizierung und Quantifizierung sowie dem Vergleich von illegalen Drogen, pharmazeutischen Produkten, Doping oder Materialien wie polymeren Lacken und Sprengstoffe. Neben verschiedenen instrumentellen Analytikmethoden wird im Fachbereich KT 43 auch die Isotopenverhältnis-Massenspektroskopie (IRMS) verwendet, um das Isotopenverhältnis von bestimmten Elementen zu analysieren. Besonders beeindruckend ist die Möglichkeit, einen Aufenthalt in unterschiedlichen geographischen Lagen durch eine
unterschiedliche Anreicherung von Isotopen in Haaren und Nägeln durch veränderte
Nahrungsaufnahme mittels IRMS zu detektieren. Eine derartige Analytik kann also Indizien für einen Auslandsaufenthalt eines potenziellen Täters liefern. Außerdem wird die IRMS auch in der forensischen Entomologie eingesetzt, indem die Puparien, die auf/neben einer Leiche gefunden wurden, analysiert werden. Dadurch können dann Rückschlüsse auf den Todeszeitpunkt gezogen werden.
Im Namen der AG JLC bedanken wir uns sehr herzlich bei Frau Dr. Kulstein, Herrn Altermann, Herrn Dr. Dahlenburg und Herrn Dr. Schäfer, sowie Herrn Hehn vom Bundeskriminalamt Wiesbaden für diese spannenden Einblick in ihre tägliche, analytische Arbeit zum Aufklären von verschiedensten Straftaten!